Familienbande

Zum Abschluss der Feierlichkeiten rund um meinen Geburtstag (an dieser Stelle nochmals ein von Herzen kommendes Dankeschön! für die zahlreichen Glückwünsche meiner treuen Leser) luden meine Eltern am Sonntag zu einer gutbürgerlichen Jause in ihr Altersdomizil. Der Frühling ließ die Muskeln spielen wie ein Halbwüchsiger seinen Bizeps im Strandbad vor dem jungen Bikini-Volk, und wir düsten im tomatenroten Spanier ins sonnige Tullnerfeld. Mit an Bord: Heidis Mama, meine sehr geschätzte Schwiegermutter Inge.

Wie es nun mal so ist im Leben, gibt es in vielen Bereichen doch gravierende Unterschiede zwischen meinen Eltern und meiner Schwiegermama. So ist beispielsweise der Moser-Papa Poldi (geborener Leopold) der leidenschaftlichste Raucher, der mir je begegnet ist. Seit frühester Jugend hält er an seinem geliebten Laster fest, während Inge als Nichtraucherin zur Welt kam und bis heute blieb. Oder meine Mama Fritzi (geborene Friederike): Sie ist eine Technophobikerin allererster Kajüte, hat in ihrem langen Leben noch nie eine SMS verschickt, geschweige denn eine Computermaus berührt. Einen Anruf auf ihrem Uralt-Handy entgegenzunehmen (falls es mal zufällig eingeschaltet ist) oder die Kaffeemaschine zu entkalken, sind ihr technische Herausforderung genug. Nicht so Schwiegermutter Inge. Sie fotografiert mit ihrem Smartphone die knackigsten Motive, postet ihre kleinen Meisterwerke mit überaus positivem Echo auf Instagram und Facebook, und ist mit der modernen Telekommunikation ganz allgemein auf Du und Du. Während meine Eltern ihre Tage am liebsten in Haus und Garten verbringen, reist Inge fast täglich durch die Weltgeschichte, besucht Ausstellungen, Ostermärkte, Burgen und Schlösser, und lässt sich mit gleichgesinnten Senioren per Bus und Bahn durch die sehenswürdigen Lande kutschieren. Und um noch ein letztes Beispiel der Unterschiede zu nennen: Meine Mama Fritzi färbt ihre Löwenmähne seit Jahr und Tag tizianrot; die Schwiegermutter trägt einen eleganten, silbergrauen Kurzhaarschnitt.

Doch über all diese scheinbaren Grenzen und unterschiedlichen Lebensstile hinweg herrscht bei unseren familiären Zusammenkünften eine Harmonie und Fröhlichkeit, die ihresgleichen sucht. So auch am letzten Sonntag. Wir lachten und scherzten, erhoben das Sektglas auf Abteilungsleiter Moser, den alten Sack, erzählten uns Anekdoten von früher, redeten über Gott und seine Brüder Allah, Buddah & Co, sowie über die vom Klimafieber, Kriegen und irren Machthungrigen gebeutelte Welt. Wir kramten alte, analoge Fotoalben hervor und lachten über den 2-jährigen Nackedei Moser, der schwarzweiß am Ufer eines Wildgewässers plantscht, dort wo heute längst Wohnbetonklötze die Landschaft prägen.

Die Sommerzeit verging wie im Fluge, und als wir bei Einbruch der ungewöhnlich späten Dämmerung heimwärts fuhren, waren unsere Herzen beschwipst und unbeschwert. Dass Heidi und ich unsere sportlichen Nordic-Walking-Aktivitäten zugunsten des Familientreffens blöderweise stornieren mussten, fällt da fast nicht mehr ins Gewicht. Aber Familie geht vor, so leid es mir tut.

Und am Rande, aber wirklich nur ganz am Rande, sei erwähnt, dass Mama Fritzi anlässlich meines Wiegenfestes beim örtlichen Zuckerbäcker eine Pfirsich-Maracuja-Torte inklusive Zuckerröschen und Marzipan-Sternzeichen fertigen ließ (den letzten Rest können Sie auf obigem Foto bewundern). So konnte ich die durch den frühen und plötzlichen Tod von Heidis Schwarzwälder Kirschtorte „Waldi“ verlorenen Kalorien problemlos wieder aufholen.

24 Kommentare zu „Familienbande“

  1. Zu den Zielen: Neulich habe ich irgendwo gelesen, zu Beginn der Fastenzeit hat sich einer zum Ziel gesetzt zehn Kilo abzunehmen. Jetzt wären es nur noch dreizehn Kilo 😉

    Gefällt 2 Personen

  2. Lieber Herr Moser!
    Ich finde, Sie haben es genau richtig gemacht, als Sie mit Ihrer Heidi die Nordic-walking-Stöcke gegen das Familienfest eingetauscht haben. Man stelle sich vor, Sie hätten diese wundervolle Widdertorte ausgeschlagen und damit die schier unzerstörbare Familienharmonie zerstört. Die werte Inge hätte ihren Unmut darüber sicherlich gleich auf Instagram gepostet. Na , ist ja nochmal gut gegangen 🙂
    Herzliche Grüße gen Wien
    Mallybeau

    Gefällt 2 Personen

  3. Manchmal ist es geradezu beängstigend, wenn gegensätzliche Lebensstile so friedlich aufeinander prallen und sich innig umarmen. 😉 Tja, Herr Moser, was die verhinderten Nordic-Walking-Aktivitäten angeht, bin ich ja geneigt, einen Regentanz aufzuführen. Aber was nützt Ihnen Regen im Rheinland? Bis Wien reicht der Zauber nicht. 🙂

    Gefällt 1 Person

      1. Ups… da setzte sich wohl beim lesen „rund um deinen Geburtstag“ beim gratulieren fest😉
        Nichtsdestotrotz kamen meine Glückwünsche vom Herzen und die Beschreibung deines Ehrentages hier ist einfach köstlich! 😀

        Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar