Grill den Moser!

Wie der treue Leser gestern erfuhr, habe ich am Samstag mit Heidis tatkräftiger Unterstützung unser idyllisches Reihenhaus-Gärtchen auf Vordermann gebracht. Gemäht, gerupft, gegraben, gepflanzt, gestrichen, sodass unser grünes Juwel nun in frischem Glanz erstrahlt. Trotz des einen oder anderen Missgeschicks blickten wir nach des Tages Mühen stolz auf unseren kleinen Garten Eden und beschlossen, dass sich auch andere Menschen an dessen Anblick erfreuen sollten. Ein bisschen Lob aus der Nachbarschaft konnte nicht schaden. Wir sind schließlich keine Einzelgänger, und wenn sich in der Siedlung herumsprach, wie wunderschön die Mosers ihren Garten herausgeputzt haben, wäre dies unserer sozialen Reputation gewiss förderlich. Und so rief ich abends unseren hilfsbereiten Nachbarn, den Kalteneggers, über den Zaun zu: „Wollt ihr morgen zu uns rüberkommen? Wir schmeißen ein paar Hühnerschenkel und Steaks auf den Grill! So gegen halb zwei?“

Sonntags stand meine brave Adelheid ab 11 Uhr in der Küche, komponierte einen preisverdächtigen Kartoffelsalat, schnitzte Gemüsestäbchen und rührte diverse Dipp-Saucen an (Barbecue, Chili, Schnittlauch-Kren, Kräuterrahm, Curry), während ich Holzkohle in den Grill kippte und das eisgekühlte Bier einem ersten Praxistest unterzog. Nachdem bei uns die Aufgaben gerecht verteilt werden, hatte ich als Meistergriller die Fleischhoheit inne. Ich saß in meinem Lieblingsstuhl, überwachte die keimende Glut, nippte am Bier und war zufrieden mit der Welt. Heidi würzte und marinierte in der Küche die Fleischstücke. Die Grillsaison war eröffnet.

Pünktlich um 13:30 klingelten die Kalteneggers. Wir unternahmen einen kleinen Rundgang durch den Garten und ich berichtete von meinen mühevollen Grabungen beim Umpflanzen der japanischen Blutpflaume, während Heidi die Salate, Saucen und das Grillgut ins Freie trug, den Tisch deckte und für Getränke sorgte. Da die Nachbarn für unsere aufgehübschte Botanik nur halbinteressierte Floskeln übrig hatten („Oh!“ „Nett.“ „Sehr hübsch!“), legte ich meine Grillschürze um und die Steaks samt Maiskolben auf den Rost. Ein himmlischer Duft machte sich breit. So musste sich ein Hai fühlen, wenn er Blut im Wasser wittert.

Das Fleisch schmeckte zart und würzig, und unsere Gäste holten all das Lob nach, mit dem sie bei der Gartenbesichtigung gespart hatten: „Ein Gedicht, Moser! Die Steaks… auf den Punkt! Das Hühnchen… ein Traum!“ Ich nahm die Huldigungen mit bescheidenem Kopfnicken entgegen. Prahlerei ist meine Sache nicht. Nachdem Heidi den Tisch abgeräumt hatte, trug sie Kaffee und selbstgemachten Gugelhupf auf. Wir Männer nahmen noch einen Schnaps dazu. Als gegen 16 Uhr ein paar Wolken aufzogen und der Wind auffrischte, verließen uns die Kalteneggers mit warmen Dankesworten.

Heidi stapelte das Kaffeegeschirr auf ein Tablett, und ich meinte: „Ist doch toll so ein Grillsonntag! Wie hat es dir gefallen, mal nicht kochen zu müssen?“ Die Tassen und Kuchenteller klirrten gefährlich, als Heidi das Tablett wütend auf den Tisch knallte und wortlos im Wohnzimmer verschwand. Adelheid sprach erst am Abend wieder mit mir, als ich sie frug, ob wir uns „Grill den Henssler“ auf VOX ansehen wollen. Sie entschwand mit den Worten „Ich grill gleich den Moser!“ in der Badewanne. Da verstehe einer die Frauen.

16 Kommentare zu „Grill den Moser!“

  1. „Wie hat es dir gefallen, mal nicht kochen zu müssen?“ -eine fast schon geniale Frage, wirklich klasse! Die Leser sehen das imaginierte Gesicht der Moser-Gattin deutlichst vor sich! Mein Mitleid (an Frau Moser) und meinen herzlichen Dank (an den Herrn)!

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  2. Lieber Herr Moser!
    Vielleicht wird „Grill den Moser“ ein neues Erfolgsformat im TV. Dann erntet Ihre Heidi hierfür jede Menge Lorbeeren und die Wogen sind wieder geglättet 🙂
    Herzliche Grüße ins Gartenparadies
    Mallybeau

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  3. Bin ich so froh, dass deine Adelheid mit dem Tablett knallt, schweigt und sich ein Bad gönnt!
    Ja, so schauts aus, wenn die Grillsaison eröffnet wird! Herr Moser, Herr Moser, da muss sich was ändern 😉
    schmunzelnde Grüsse durch die Nacht
    Ulli

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  4. *lächel* *schmunzel* *Augenverdreh*
    Ja, wann lernt den Herr Moser… , dass er den Kartoffelsalat loben darf…auch vor den Gästen…,ts…ts.😊?
    Vielleicht kein Grillkurs, sondern „Erkennen der ersten Anzeichen von Gewitterwolken bei ihren Liebsten“🤣
    Herzliche Grüße. Priska

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