Der General, Teil 1

Sommer, Sonne, Urlaubszeit. Viele von euch sind unterwegs in aller Herren Länder oder fotografieren im heimischen Garten Blumen, Hummeln und Amseln. Auch in unserer sonst so betriebsamen Konservenmanufaktur herrscht „Saure-Gurken-Zeit“, und im Moser´schen Reihenhäuschen herrscht schwüle Trägheit. Auch für mich ein guter Zeitpunkt, ein wenig innezuhalten und mir ein kurzes Päuschen zu gönnen. Um euch auf meinem Blog dennoch ein wenig Unterhaltung zu bieten, präsentiere ich in den nächsten Tagen wieder mal eine kleine Kurzgeschichte aus meiner Feder, mundgerecht aufgeteilt in ein paar Lesehappen. Mit „Der General“ habe ich erstmals schriftstellerisches Neuland betreten und eine Short Story aus dem Bereich „Thriller-Fiction“ geschrieben. Also ich nenne diesen Mix aus knallhartem Entführungsthriller und Science Fiction jetzt einfach mal so. Keine Ahnung, ob das was Lesbares dabei rausgekommen ist oder nicht. Ich hoffe auf euer zahlreiches Feedback. Nur soviel: Heidi mag die Geschichte üüüüberhaupt nicht! Zu grausam, zu abgefahren, zu brutal. In den nächsten Tagen gibt es am Moser-Blog also nichts zu lachen. 

Der General

(Lisa)

Die dunklen Knopfaugen des Generals blitzen im Halbdunkel kurz auf, als er den Kopf ein wenig zur Seite neigte und sie durchdringend ansah. Mein Gott, wie sie diesen Blick hasste. So streng, so vorwurfsvoll. Als wollte er sagen: „Du hast dich in diese Situation hineinmanövriert, also sieh zu, dass du auch wieder rauskommst, Mädchen!“

Auch dieses „Mädchen“-Gelaber ging ihr gehörig auf den Keks. Sie war 27 Jahre, eine erwachsene Frau, berufstätig und seit 14 Monaten verheiratet. Falsch. Sie war nicht mehr verheiratet. Sie war jetzt Witwe, ihr Mann war tot. Und sie hatte sich ganz sicher nicht in diese Situation „hinein manövriert“. Ihre Pobacken schmerzten vom ewigen Sitzen auf dem kalten Steinboden. Vorsichtig hob sie ihren Hintern ein wenig und verlagerte das Gewicht. Die rostige Kette ihrer Fußfessel mit dem Vorhängeschloss gab ein schepperndes Geräusch von sich. Der General trippelte ein paar Schritte nach links, dann setzte er sich wieder hin und sah sie an. Schweigend. Nur seine langen Barthaare zitterten.

„Ach komm schon, General“, seufzte Lisa und massierte behutsam den aufgescheuerten Fußknöchel. „Schau mich nicht immer so ernst an, hilf mir lieber aus diesem beschissenen Drecksloch rauszukommen.“ Der General antwortete nicht. Stattdessen huschte er in die dunkle Ecke, wo der Eimer für ihre Notdurft stand. Sie konnte ihn nicht mehr sehen und rief halblaut in seine Richtung: „Hey, bleib hier! Lass mich nicht alleine…“

Wie lange war sie schon diesem … Keller? Verlies? Was immer es auch sein mochte, ihr Zeitgefühl in diesem finsteren Loch war ihr langsam aber sicher abhanden gekommen. Es mochten drei Wochen sein, vielleicht auch drei Monate. Egal. Wieder spürte Lisa diese Gleichgültigkeit in sich hochkriechen. Hatte sie sich tatsächlich mit ihrem Schicksal abgefunden? Würde sie hier langsam wahnsinnig werden und irgendwann verrecken wie ein nutzloses Stück Scheiße? Und der General würde ihr dabei zusehen. Mit seinen hässlichen, braunen Augen würde er sie ansehen, mit diesem vorwurfsvollen Blick und sagen: „Mädchen, tu was! Gib dich nicht auf!“ Doch der hatte leicht reden. Was konnte sie schon tun? Erschöpft schloss sie die Augen, den Geruch von Moder, Urin und Verwesung nahm sie längst nicht mehr wahr. Es war heiß.

Lisa dachte zurück an ihre erste Begegnung mit der Ratte. Normalerweise hatte sie eine Heidenangst vor den Viechern. Nicht so beim General. Vor ein paar Tagen war er einfach dagesessen auf seinen Hinterbeinen, der lange rosa Schwanz wirkte als würde er auf einem Regenwurm sitzen. Er hatte sie gemustert – eben wie ein General bei der Truppeninspektion. Sie hatte sich ein wenig aufgerichtet, quasi Haltung angenommen, und geflüstert: „General?“ Sie hatte keine Ahnung, warum dieser Name, dieser Titel plötzlich in ihrem Kopf war. Der Nager hatte fast unmerklich genickt, doch das war sicher nur Einbildung.

Seither war die Ratte ihr Freund, ihr Verbündeter. Der General sprach ihr manchmal Mut zu, dann wieder stachelte er sie an, sich nicht gehen zu lassen, die Hoffnung nicht zu verlieren, zu kämpfen. Und das Verrückte war: Lisa konnte ihn tatsächlich hören. Natürlich nicht wie eine richtige Stimme – Ratten können nicht sprechen! – aber sie wusste meist ganz genau, was er ihr sagen wollte.

Ein vibrierendes „Plong!“, als würde jemand gegen den Blecheimer in der Ecke klopfen, ließ sie hochschrecken. Sie kniff die Augen zusammen, um in der Dunkelheit besser sehen zu können. Jetzt erkannte sie die Silhouette des Generals, der mit scharrenden Geräuschen etwas vor sich herzuschieben schien. „General, was treibst du da?“ fragte sie leise. „Ich rette dich“, sagte die Stimme in ihrem Kopf. Ungläubig runzelte Lisa die Stirn. Aber dann erkannte sie, was ihr pelziger Freund da anschleppte. Lisa lächelte.

(Ronny)

Mit langen, gierigen Zügen trank er die eiskalte Dose Bier bis zur Hälfte leer. Aaaaahhhh! Wer immer dieses göttliche Gesöff erfunden hat, wahrscheinlich irgendein Johnny Budweiser, würde den Nobelpreis verdienen. Sein Blick verlor sich abwesend in der Ferne, ähnlich einem Baby kurz vor dem Bäuerchen, dann drang ein lang anhaltender, rollender Donner-Rülpser aus seinem fetten, aufgeschwemmten Körper. Zufrieden seufzte er und wischte sich mit seinen Wurstfingern, die aussahen wie ein schmutziger, aufgeblasener Gummihandschuh, über die tropfenden Lippen.

Heute würde er es dem Dreckstück wieder mal ordentlich besorgen. Ihre verzweifelten Schreie, ihr Gewinsel und das Zucken ihres begnadeten Körpers turnten ihn so richtig an. Er wusste natürlich, dass alles nur Show war. In Wahrheit brauchte sie einen richtig harten Fick, dieses geile Dreckstück. Von ihrem Mann Norman, diesem Buchhalter-Weichei, war sie sicher nie nach allen Regeln der Kunst rangenommen worden. Der zündete wahrscheinlich noch eine Kerze vorher an und massierte ihr ne halbe Stunde die Muschi. Ronny grinste. Er hatte der Schlampe doch einen Gefallen getan, als er Norman mit seiner 38er aus nächster Nähe das Gehirn auf die blau gemusterten Küchenfliesen pustete, wo es nutzlos und glibberig wie ungekochter Tintenfisch langsam auf den Boden tropfte. Lisas wundervolle grüne Augen waren fast unnatürlich weit aus den Höhlen getreten, doch kein einziger Schrei kam über ihre Lippen. Stumm hatte sie nach Luft geschnappt, wie eine Forelle am Haken. Ronny spürte, wie sein Schwanz hart wurde. Ja, heute würde er das Dreckstück vögeln, dass ihr mal so richtig die Luft weg blieb. Er setzte die Bierdose an und leerte sie bis auf den letzten Tropfen. Es war heiß.

20 Kommentare zu „Der General, Teil 1“

  1. Lieber Herr Moser!
    Während sich unsereins auf der Alm mit belanglosen Postkarten und inhaltlich wenig tiefgründigen Kommentaren durch den Sommer schlägt, machen Sie mit Ihrem Beitrag mal rasch Jagd auf den Literaturnobelpreis. Unsere Leuchtmaus hat die Geschichte jedenfalls mit dem größten Vergnügen gelesen… und ich natürlich auch 🙂

    Herzliche Grüße von der Postkarte
    Mallybeau

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    1. Werte Frau Mauswohn!
      Schreiben Sie nicht gleich den Nobelpreis herbei, ein bisschen Lesevergnügen und Spannung bei der Leserschaft reichen mir schon 🙂 Mit bestem Dank und lieben Grüßen aus der Wienerstadt, Moser 😉

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      1. Zu dumm. Dann bekommt eben Ihre Oma Inge den Instagram-Award. Irgend jemand in Ihrer Familie hat sich derlei Ehren in jedem Falle verdient 🙂

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          1. Sagt man nicht zu einer geliebten Schwiegermutter auch Oma? Hier ist das durchaus üblich. Oder bleibt es etwa bei „Drachen“? 🙂

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  2. Lieber Herr Moser,

    ich bin fasziniert, was aus Ihrer Feder fließt. Bitte dringend weiterschreiben! Und denken Sie doch mal darüber nach, ein Buch zu schreiben – bei Ihrem Talent lohnt sich das sicher.

    LG, Susanne

    Gefällt 3 Personen

  3. also mal sehen … was haben wir denn hier … ❓

    wir haben ein GEILES DRECKSTÜCK … wir haben eine MUSCHI … wir haben einen HARTEN SCHWANZ … es geht also ums VÖGELN … wir haben eine 38er … wir haben HIRN … wenn auch auf die Fliesen verteilt und wir haben BIER …

    tja … du bist ein GENIE … und dass mit dem NOBELPREIS wird praktisch zum Selbstläufer … 😳

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  4. Als Entwurf gefällt es mir gut,aber ich würde sagen, dass das Skelett noch ein bissl aufgefüllt werden muss. Außerdem möchte ich natürlich wissen, wie es dazu gekommen ist und wie es weitergeht 🙂

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  5. Nee, diese Geschichte, bzw. der erste Teil davon, bekommt kein „Gefällt mir“ von mir. Das ist zu wenig, sagt nicht viel aus und geht auch viel zu schnell.

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