Inkognito

Mit Angina offiziell „krank“ geschrieben, verbringe ich diese Tage mehr oder weniger untätig in unserem gefälligen Reihenhäuschen. Ein Umstand, der meiner mir sonst sehr zugeneigten Gattin Adelheid ein Dorn im Auge ist. Und weil sie für den heutigen Tag das Wörtchen „Großeinkauf“ im Kalender eingetragen hat, verdonnerte sie mich zu aktiver Mithilfe. Ich erklärte ihr, dass ich mich in meinem beklagenswerten Zustand keinesfalls in die Öffentlichkeit wagen dürfe, ohne Gefahr zu laufen als Betrüger entlarvt zu werden. Heidi schmetterte meinen Einwand mit einem entrüsteten „Moser!“ gnadenlos ab.

Um mich wenigstens ein bisschen vor den neugierigen Blicken eventuell vorbeikommender Kollegen zu schützen, klebte ich mir einen schwarzen Schnurrbart ins Gesicht, der mir schon als Pirat im letzten Fasching wertvolle Dienste geleistet hatte. Mit einem saloppen Strohhut und meiner dunkelsten Sonnenbrille war die Tarnung perfekt. Heidis Kopfschütteln und Händeringen ignorierte ich gefließentlich.

Wir fuhren in einen dieser Monster-Supermärkte, wo schon die Abteilung für holländischen Schnittkäse größer ist als unser Garten, und die Einkaufswagen mehr Platz bieten als der Kofferraum unseres spanischen Flitzers. Irgendetwas war Frau Moser peinlich, denn sie ging 5 bis 7 Schritte vor mir und warf die farbenfroh verpackten Konsumgüter aus sicherer Entfernung in den vergitterten Großraumwagen. Dabei würdigte sie Moser Inkognito keines Blickes.

Inmitten der Gemüseabteilung spielte mir mein Smartphone das Lied vom Tod – der Klingelton für Boss Pfotenhauer. Heidi signalisierte mir mittels ausgefeilter Mimik und Gestik, um Gottes willen nicht ranzugehen. Zu spät. Reflexartig drückte ich das grüne Antwortknöpfchen. „Moser“, hechelte ich leidend. „Grüß Sie Moser! Wie steht´s um das werte Befinden?“ erkundigte sich Pfotenhauer. In dieser Sekunde ertönte in den riesigen Hallen des Einkaufstempels ein Gong und eine warme Damenstimme bat eine Frau Schneider zur Kassa dreizehn. In Panik begann ich laut und verzweifelt zu husten, um die unerwünschte Durchsage zu übertönen. Dann drückte ich den roten Beenden-Knopf und stürmte zwischen Essiggurken und Krautsalat Richtung Exit als wäre der Teufel hinter mir her. Kurz vor dem Ausgang verlor der Fake-Schnurrbart seine Haftung und glitt unter ein Regal mit Damenbinden. Doch das war mir egal. Ich wollte nur noch heim ins Bett, mich endlich so richtig auskurieren.

14 Kommentare zu „Inkognito“

  1. Entsetzliche Vorstellung vom Chef Pfotenhauer im Supermarkt belästgt zu werden. Noch entsetzlicher: von der liebenden Ehefrau gezwungen zu werden mit einer Angina einkaufen zu fahren. ich meine jetzt die Halsentzündung, oder ist das auch ein Frauenname ? Glaub ich eigentlich nicht, oder ?

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