Hitzewelle

Ich bin ein sehr hitzeempfindlicher Mimoser. Klettert die Quecksilbersäule auf über 30 Grad Celsius und lässt die Luftfeuchtigkeit mein Deo versagen, werde ich grantig und beschimpfe den für den Klimawandel verantwortlichen Teil der Menschheit. Meine geliebte Frau Adelheid achtet auch penibel darauf, dass alle Spraydosen in unserem Haushalt frei von Fluorkohlenwasserstoffen (FCKW) sind, und wir frei von schlechtem Gewissen schwitzen dürfen. Heute sitze ich zum letzten Mal vor meiner Abreise nach Schweden in unserer kleinen Reihenhaus-Oase und nehme Abschied. Der ausgebleichte Sonnenschirm breitet schützend seine roten Schwingen über meine blasse Bürohaut und ächzt unter der heranrollenden Hitzewelle wie ein morscher Fischerkahn im bracken Hafenwasser.

Während ich emotional aufgewühlt an meinem eisgekühlten Gumpoldskirchner nippe und „Servus Lavendel, mach´s gut Apfelbaum“ flüstere, füllt Frau Moser meinen Serengeti-beigen Textiltrolley mit weißem Feinripp und schwarzen Business-Socken. „Was ziehst du für den Flug an??!!“ brüllt sie aus dem ersten Stock. „Meinen grauen, knitterfreien Reiseanzug!“ brülle ich zurück. Bei der Krawatte entscheide ich mich für ein blau-gelbes Schwedenmuster. Sollten wir in den Wäldern des hohen Nordens eine ungeplante Bauchlandung hinlegen, könnten die Nationalfarben auf der Krawatte unbewusste Sympathien bei den freiwillig herbeieilenden Helfern auslösen und mir so das Leben retten. Man kann mir nicht vorwerfen, ich sei unvorbereitet ins Ikea-Land geflogen. Mir bleibt noch ein kleiner Trost: Mein allwissendes Smartphone sagt für nächste Woche im Schnitt 20 Grad in Stockholm voraus. Sofern ich nicht bei lebendigem Leib im Flugzeug verbrenne, sind mir die schwedischen Temperaturen durchaus sympathisch.

8 Kommentare zu „Hitzewelle“

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